Hallo,
nach der Reise ist vor der Reise.
Alle "betroffenen" Eltern wissen zu schätzen, was dieser Satz in unserer Familie bedeudet.
Bisher war unser Sohn (14 1/2 - Asperger Syndrom) ein Urlaubshasser. Wir Eltern und seine 13jährige Schwester jedoch lieben Urlaub.
Als Kompromis haben wir uns vor einigen Jahren einen Wohnwagen gekauft und erkundeten so die Welt (OK eher die Umgebung).
So hatte unser Sohn wenigstens "sein" Zimmer dabei.
Im Herbst kam zufällig die Idee auf, eine Kreuzfahrt auszuprobieren. Über Sylvester ging es dann mit der Mar durch das Mittelmeer.
Zum ersten mal hat die ganze Familie Vorfreude empfunden. Autisten zeigen ihre Gefühle selten, was aber nicht heißt, dass sie keine haben. Unser Sohn wurde in den Wochen vor den Weihnachtsferien immer aktiver und fröhlicher. Das alleine war es schon wert.
Ich könnte jetzt einen langen Bericht schreiben - werde aber versuchen, mich kurz zu fassen. Wenn noch Fragen sind, werde ich sie gerne beantworten, wenn ich es kann.
Besonders gut war z.B.
- die große Auswahl an Essen. Die meisten Autisten haben sonderbare Essgewohnheiten uns sind gelinde gesagt extrem mäkelig - keine Chance auf der Aida. Da konnte unser Sohn sogar ausblenden, dass so viele Menschen dabei sind. Eine Regel war bei ihm immer ein Malzbier am Abend im Brauhaus und anschließend ein Hamburger im California Grill. Seine Leibgerichte: Fisch und Meeresfrüchte durfte er auch reichlich essen. Zum Glück hatte er auch das Mineralwasser in den Restaurants getrunken - da hatten wir mit Problemen gerechnet.
- Pisa - er war begeistert (!) von den perfekten Gebäuden. In Rom hat ihn gestört, dass das Kolosseum so kaputt ist. Er wusste es eigentlich, war aber doch sehr traurig darüber.
- Die Kabine - dort konnte er sich zurückziehen und lesen - seine Art Eindrücke zu verarbeiten. Einen Auflug (Marseille) haben wir ohne ihn unternommen.
- Barcelona war unsere letzte Etappe - dort war er ausgeglichen und unternehmunsglustig. Schade, dass es so wenige 10-Tages-Touren gibt, da "solche" Menschen immer einige Tage brauchen, um anzukommen. Vielleicht geht diese Ankomm-Phase aber schneller, wenn man schon einmal auf so einem Schiff war. Wir werden es ja erleben.
Was wir nächstes mal anders machen:
- wir starteten 6 Uhr in einem Flughafen, zu dem wir noch 2,5h fahren mussten. Um den Schlafmangel aufzuholen, hatte unser Sohn den ganzen ersten Tag leider verschlafen - auch danach brauchte er noch etwas, um wieder im Rhytmus zu sein. Wenn wir nicht in unserem Heimatflughafen starten, werden wir das nächste Mal eine Nacht vorher in einem Hotel beim Flughafen schlafen müssen. Die kleine Schwester hatte keine Probleme, die kurze Nacht zu überwinden. Wir hatten mit solchen Schwierigkeiten nicht gerechnet.
- Der Romausflug (10 Stunden) war zu lang. So viele Eindrücke kann er nicht verarbeiten. In Zukunft werden wir mit ihm nur noch bis ca. 6h Ausflüge planen, damit er wieder "regenerieren" kann. Ausnahem wäre evtl. Kairo (sollten wir da mal hin dürfen) das ist ein großer Traum meines Sohnes.
Ich hoffe, hier ist der richtige Ort - da Autismus ja auch ein Handicap ist. Ansonsten gerne an die richtige Stelle schieben.