Ein Nutzer bat mich, ihm meine Berichtsfolge GB/Irland zukommen zu lassen. Da es insgesamt 12 Einzelberichte sind, lade ich sie - leider ohne Fotos - in diesem Forum hoch.
Nein, die Einhundert betreffen nicht das Durchschnittsalter der Passagiere dieser Reise – dieses lag extrem darunter; es geht um den Nord-Ostsee-Kanal. Doch davon später mehr …
Samstag, 9. Juni 2012
Grausam – der Wecker klingelte um 5.45 Uhr. Wirklich grausam? Nochmals nein, denn das frühe Aufstehen hatte ein frühzeitiges Wiedersehen mit der AIDAcara zur Folge!
Während des Frühstücks musste unbedingt der Laptop hochgefahren werden – Wetterprognosen:
Kiel 9.6.: nachmittags Sonne, Wolken, Regen; abends Sonne, Wolken
Rendsburg 9.6.: abends Sonne, Wolken, Regen
Helgoland 10.6.: Sonne, Wolken
Dover 11.6.: vormittags Sonne, Wolken, Regen; nachmittags und abends: Sonne, Wolken
Le Havre 12.6., Falmouth 13.6., Cobh 14.6.: jeweils Sonne und Wolken
Mal sehen, es sah keinesfalls schlecht aus …
Kurz nach 7 Uhr waren wir bereit; Koffer und Rucksäcke wurden im Auto verstaut und um 7.30 Uhr fuhren wir ab. Über Dortmund und Hannover ging es zunächst Richtung Hamburg, wo wir vor der Einfahrt in den Elbtunnel auf der rechten Seite die AIDAmar, die an diesem Tag die Nordlandfahrt begann, grüßen konnten. Trotz zweier längerer Pausen erreichten wir bereits um 13 Uhr Kiel, wo wir unseren Wagen abstellten. Der Shuttlebus stand schon bereit und so betraten wir kurz danach den Kreuzfahrtterminal Ostseekai.
Da lag sie, die uns mit ihrem bekannten Lächeln und strahlenden Augen begrüßende gute alte AIDAcara – wir waren angekommen; der Urlaub begann!
Neben „uns“ wartete die MSC Poesia auf ihre Gäste. Keine Frage, welches Schiff schöner war …
Nach flottem Einchecken durften wir direkt auf unsere Kabine – gute Arbeit, AIDA-Crew! Auch wenn wir dieses Mal eine kleinere Außenkabine bezogen hatten – sie war zum Schlafen groß genug und ebenso funktionell wie die größeren!
Unsere Mägen meldeten sich. Sie kamen im Calypso zu ihren Rechten. Ein winziges Mittagessen, anschließend Kaffee und Kuchen, dann ein kleines Wiedersehen mit dem Schiff bei einem kleinen Rundgang und schon standen wir wieder vor unserer Kabine. Unsere Koffer versperrten die Eingangstür – nochmals Lob für die gute Arbeit, AIDA-Crew! Das Auspacken ging schneller als das Einpacken (komisch – oder auch nicht …). Ja, und dann ging es kurz von Bord. Die Wetterprognose musste getestet werden. Tatsächlich, es regnete leicht … Aber das Begrüßungsfoto der AIDAcara wurde trotzdem geschossen …
16.30 Uhr Seenotrettungsübung, die relativ schnell – aber mit nötigem Ernst – abgehakt wurde. Und unmittelbar danach kam unter Begleitung der immer wieder beeindruckenden Auslaufmelodien das sail-away. Die AIDAcara schob sich langsam heckwärts, wurde gedreht und schwamm dann langsam Richtung Ausgang der Kieler Förde.
Kurz vor dem backbordseitigem Abdrehen in den Nord-Ostsee-Kanal gab es eine längere Pause, da die Schleusen noch von drei auswärts fahrenden Schiffen besetzt waren.
Wir warteten und warteten, wurden von Kapitän Kurc recht ausführlich über den Kanal informiert und gegen 18.30 Uhr ging es endlich los. Die AIDAcara bewegte sich wieder und glitt in die linke Schleuse. Bei trockenem Wetter beobachten wir die Schleusenarbeiten bis zur Ausfahrt.
Der Nord-Ostsee- Kanal ist zwischen Kiel-Holtenau und Brunsbüttel fast 100 km lang, über 100 Jahre alt und mindestens 100 m breit. Er ist die meist befahrene künstliche Wasserstraße der Welt. So fuhren in 2009 mehr Schiffe durch den NOK als durch Panama- und Suezkanal zusammen (ohne Sport- und Kleinfahrzeuge), hatte allerdings noch nicht einmal 1/10 der Frachtaufkommen der beiden anderen Kanäle. Es erspart den von Nord- in die Ostsee (oder umgekehrt) fahrenden Schiffen 9/10 der Strecke um Dänemark herum. Begonnen wurde der Bau 1887; eröffnet wurde der Kaiser-Wilhelm-Kanal am 21.6.1895 von Kaiser Wilhelm. Interessant ist, dass die Planbaukosten unterschritten wurden – so etwas gab es! Die Maße der ersten Ausbaustufe waren auf die für die deutsche Flotte erforderlichen Größen abgestimmt: Breite 67 m, Tiefe 9 m, Höhe der Brücken über der Wasserlinie 42 m. Doch schon Anfang des 20. Jahrhunderts reichten diese Gegebenheiten für die Großkampfschiffe der Kaiserlichen Marine nicht mehr aus. Der erste Ausbau wurde in den Jahren 1907 bis 1914 mit einer Breite von 102 m und Tiefe von 11 m angegangen. Zur Mitfinanzierung erhob Kaiser Wilhelm II ab 1902 die immer noch existierende Schaumweinsteuer. 1948 wurde der Kanal in Nord-Ostsee-Kanal umbenannt. Seit 1965 wird er erneut erweitert mit einer Zielbreite von 162 m. Der wesentliche Teil ist bereits umgebaut; die Fertigstellung des östlichen Teils krankt u.a. am Kompetenzgerangel Bund/Land, wie uns Mitfahrende aus Kiel informierten. Immerhin, es wird gearbeitet und Planfeststellungsverfahren immer wieder angegangen …
Doch nun zurück zu unserer Fahrt! Nach dem Verlassen der Schleuse besuchten wir das Calypso-Restaurant, wo wir das Welcome-Diner genossen. Die AIDAcara fuhr währenddessen unter den beiden Kieler Brücken hindurch. Wir sahen links und rechts viel Grün – Felder und Wälder.
Dazwischen immer wieder größere und kleinere Häuser und Villen. Ab und an legten zwischen dem vor uns fahrenden Feeder und uns eine der 14 Fähren ab; die Fähren dürfen übrigens von den Anwohnern kostenfrei benutzt werden. Während des Abendessens machten uns unsere Kieler Tischnachbarn auf die eine oder andere Merkwürdigkeit des Kanals aufmerksam. Es war ein sehr angenehmes Gespräch bei Wasser, Bier und Wein sowie sehr gutem, abwechslungsreichem Essen. Die Zeit verging und schnell war es 20.45 Uhr und damit standen wir vor einer wichtigen Entscheidung: Fußball EM-Spiel Deutschland – Portugal oder Deckabend … Ich zog den Abend auf Deck vor und das war gut so. Beim Verlassen des Calypso begrüßten wir die uns entgegenkommende Costa Voyager. Wir hätten nicht gedacht, dass bei Costa kleinere Schiffe als die AIDAcara fahren … Sie, die Costa Voyager, war nicht nur kleiner sondern auch leiser. Im Typhonwettbewerb gewann natürlich unsere AIDAcara mit großem Vorsprung!
So, also rauf auf Deck 11, dick eingemummt, denn es war lausig kalt. Langsam kamen Dämmerung und das, was wir vorab einigen Reportagen rund um den NOK entnommen hatten. Bewohner von angrenzenden Häusern gingen auf ihre Balkone oder in ihre Gärten und winkten uns zu – wir natürlich zurück! Schiffstouristen standen vor ihren Wohnwagen und –mobilen und jubelten uns zu. Ab und zu lockten Vuvuzelas Kapitän Kurc – aber er antwortete leider nicht über sein Typhon.
Ganz besonders fiel die größere Gruppe „Die rollende Kiste“ und „KIEK UT Fan´s“ aus, die die AIDAcara mit einem größeren Plakat begrüßten – danke!
Dann kam die Brücke der A7 auf uns zu. Schon oft parkten wir unser Auto auf den südlich vom NOK gelegenen Parkplätzen und machten am Kanal Pause, um vorbeiziehende Schiffe zu betrachten. Bei diesen Gelegenheiten wuchs der Wunsch, auf einem Schiff durch den NOK zu fahren. Nun war es so weit – schööööööööööööööön!
Nur kurze Zeit später erschien die berühmte Eisenbahnbrücke von Rendsburg. Es ist eine von zehn den NOK überspannenden Brücken und hat eine Besonderheit: unter dieser Hochbrücke verkehrt eine Schwebefähre zum Personen- und KFZ-Transport. Auf der ganzen Welt gibt es nur zwei Fähren dieser Art. Auf der Brücke standen Bahnarbeiter, winkten uns zu und fotografierten uns von ganz oben. Zwischen Brückenunterseite und Schiff war nicht wirklich viel Platz – kein Wunder, dass aus der AIDA-Familie nur die AIDAcara diese Tour fahren kann … Die Eisenbahnbrücke zog inzwischen mehr Mitpassagiere an Deck.
Kurz hinter der Brücke passierten wir den auf der Backbordseite liegenden Eisbrecher Stettin. Sein Typhon „erschallte“ als Gruß: ein etwas trauriges Gekrächze, das bei einer Wiederholung nicht lauter und melodischer wurde. Selbst eine Vuvuzela überstimmte das Geknarze … aber wir ließen uns nicht lumpen und antworteten mit einem dreifachen Getöse.
Übrigens, der Wettergott hatte ein Einsehen: der prophezeite Regen blieb aus! Aber es wurde allmählich dunkel, so dass von der uns begleitenden Landschaft kaum noch etwas zu sehen war.
Es kam allen sehr entgegen, dass das EM-Spiel endete. Auf einmal war das Pooldeck voll – Zeit für den Begrüßungssekt und Zeit zur Freude über den 1 : 0 - Sieg über Portugal. Und auch das Resultat des „Vorspiels“ Niederlande – Dänemark war nicht zu verachten …
Es war ein langer Tag und Zeit für die Koje …
10. Juni 2012 - Seetag
Der Seetagsstress wurde voll und mit Erfolg bewältigt: ausgiebiges Frühstücken, Spazieren auf Deck (windig, Wolken, ab und zu Sonne – Wetterprognose trat ein), Vortrag des Lektors Dr. May, der uns einige historische Entwicklungen und Eigenschaften der Briten näher brachte, Deckbrunch, Forumtreffen „wasserurlaub“, kleiner Nachschlag beim Mittagessen, Ausruhen auf Deck, Kaffeetrinken mit ein wenig Kuchen und Torte, Sonnenbaden, Abendessen (Markt-Restaurant: Alpenländer Küche; Calypso-Restaurant: Indien – große Currytafel), Kalorienverbraten bei Bewegung an frischer Luft und letztendlich Bettruhe – aber der phantastische Sonnenuntergang zog uns vorher in seinen Bann!
Und es war nicht mehr weit bis Dover …