Cornwall – die südwestlichste Landschaft Englands, die bei gutem Wetter die Augen reizt – und wir hatten es! Und man muss dabei nicht Pilcher-Fan sein …
Falmouth – 13. Juni 2012
Der frühe Morgen – ein Blick aus dem Fenster und ich wurde immer schneller: kein Regen. Im Gegenteil: blauer Himmel und so musste ich ganz schnell nach oben! Was wollte man mehr: die AIDAcara schob sich langsam Richtung Hafen von Falmouth. Schon von weitem waren die grünen Ufer und links und rechts von der Einfahrt in die Bucht die Burgen Pendennis Castle und St. Mawes, die seit 1546 die Einfahrt bewachen, zu sehen – ein einfach herrlicher Anblick!
Vom Oberdeck der AIDAcara sahen wir auf der Steuerbordseite nette kleine Häuschen und vor diesen in der Bucht schaukelnde Segelschiffe und –yachten. So, wie man es in gewissen Filmen immer wieder sieht … Aber live dabei zu sein ist eben besser!
So, die Anlegestelle war nicht mehr weit und wir kamen den Stadthäusern und den Yachthäfen mit unzähligen kleineren und größeren Schiffen immer näher. Das Wasser war tiefblau, teilweise türkis – ein echtes Klischee …
Wir sahen keine Hochhäuser – allerdings jede Menge Wohnhäuser mit viel Grün dazwischen. Die Häuser waren nicht eintönig grau – sondern nicht nur vereinzelt verschiedenfarbig gestrichen. Schon wieder eine Wohltat für das Auge!
Falmouth wurde Ende des 17. Jahrhunderts wichtig für das Königreich. Im Westen liegend und über den dritttiefsten Naturhafen der Welt verfügend, wurde die Stadt zu einer Poststation der Halbinsel. Schiffe aus der damaligen Neuen Welt legten an, löschten die für die Hauptstadt bestimmten Postsäcke und Güter und fuhren dann wieder – voll beladen mit in den Kolonien und von den Handelspartnern benötigten Waren und natürlich auch Post über den großen Teich. Mit dem Aufkommen der Dampfschiffe hörte diese Herrlichkeit auf, denn diese Schiffe fuhren direkt durch nach London – genauso schnell wie Postkutschen von Falmouth zur Hauptstadt. Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz wurde Falmouth das, was es heute ist. Ein beschauliches Städtchen, in das zu Recht Scharen von Badegästen kommen.
Auch wenn die Werke von Rosmunde Pilcher nicht meinen Geschmack treffen – an dieser Dame kamen wir nicht vorbei, da wir den 4 ¼ stündigen Ausflug „Pilchers Romanlandschaften“ antraten. Aber wir hatten großes Glück: Nach Gesprächen mit Passagieren, die andere Ausflüge gebucht hatten, wurden wir recht wenig mit RP belästigt. Zwar wurden wir immer wieder informiert, wo welcher Pilcher-Film gedreht wurde – aber es hielt sich insgesamt in Grenzen. Schließlich lockten uns nicht die Drehorte sondern die Landschaft. Also rein in den Bus – Fahrer Tapsy und die ein passables Deutsch sprechende Madeleine erwarteten uns. Zunächst umrundeten wir Pendennis Castle, verließen Falmouth auf der mit Hotels und Villen gesäumten Strand- und Uferstraße und fuhren durch grüne Heckenlandschaften Richtung Marazion. Die Gegend erinnerte uns an die des Vortages: viele von Hecken eingegrenzte Weiden, Wälder, riesige Rhododendronhecken, ab und zu auf echtem englischen Rasen drapierte Herrenhäuser. Die Hecken waren oftmals in Wirklichkeit aus Steinen zusammengesetzte Naturmauern, die lediglich mit Erde „verfugt“ waren. Und wo Erde ist, ist Leben. Diverse Pflanzen machten die Mauern grün und auch bunt. Teilweise wuchsen aus den „Hecken“ hohe Bäume, deren Wipfel sich vereinigten – bei Straßenbegrenzungen durch derartige Hecken hatten wir das Gefühl,quasi durch Tunnel zu fahren. Schließlich kamen wir in Marazion an, ein kleines gemütliches Städtchen mit vielen Pubs und Terrassenrestaurants wie „The Kings Arms“, an dem wir leider vorbeifahren mussten (Zeitvorgabe!), in denen sicher im Sommer der Teufel los ist. Grund ist St. Michael´s Mount, eine Gezeiteninsel, die dem bekannten französischen Mount Saint-Michel ähnelt.
Diese Insel ist bei Ebbe über einen Damm zu erreichen; bei Flut gelangt man per Fähre dorthin. Kurz vor 500 n. Chr. soll an diesem Ort der heilige Michael den Fischern erschienen sein; in der Folgezeit siedelten hier keltische Mönche, die ihr Christentum pflegten. Wilhelm der Eroberer überließ nach der Schlacht von Hastings bretonischen Benediktinern die Insel, die die Klosternanlage sukzessiv ausbauten. Heinrich VIII beendete das Klosterdasein und ließ die Insel zu einer Trutzburg befestigen. Heute steht die Insel im Eigentum des Nationaltrusts; der Voreigentümer, Lord St. Levan, hat allerdings das Wohnrecht. Insel und Burg sind Besuchern in gewissem Umfang zugänglich. Im Rahmen unseres Ausflugsprogramms war die Besichtigung nicht vorgesehen; bei einem 20-minütigen Fotostopp genossen wir vom breiten Kiesstrand aus den Blick auf St. Michael´s Mount, auf Marazion und auf die westlich liegende, ca. 20.000 Einwohner große Stadt Penzance, die wir später auch durchfuhren.
Von hier aus ging es weiter westlich. Die zunächst noch liebliche Gegend wurde zusehends karger. Bäume verschwanden mehr und mehr aus dem Landschaftsbild je westlicher wir kamen und uns dem Meer näherten. Es überwogen auf einmal Krüppelkiefern. Schließlich erreichten wir unser Hauptziel Land´s End, der westlichste Punkt des englischen Festlandes.
Glück hatten wir mit dem Wetter und der Fernsicht: blauer Himmel, Wolken und viel, viel Sonne! Von den ca. 60 m aus dem Atlantik emporragenden Klippen konnten wir die rd. 45 km entfernten Scilly-Inseln schemenhaft erkennen; klar zu sehen war der ungefähr 2 km entfernte, auf einer kleinen Insel liegende Leuchtturm Longships Lighthouse. Unter uns tobte nicht der Bär sondern das Meer. Die starke Atlantikbrandung schoss auf die Klippen, wurde gebrochen und Gischt spritzte empor. Bei starkem Sturm erreicht die Gischt sicher die Besucher der Hochküste! Es ist nicht so, dass das rauere westliche Klima die Flora ausmerzt. Farbenprächtige Blumen unterbrachen das eintönige Grün der sonstigen Pflanzen und das Graubraun der Mauern und Felsen. Dies alles genossen wir auf dem Weg zum eigentlichen westlichen Punkt Englands, dem First & Last House. Ein wenig abseits vom sonstigen großen Touristentrubel liegend befindet sich Land´s End im Privatbesitz. Ein Investor errichtete einen Themenpark mit Hotel, Läden, Snackbars, Schiffen wie ein Seenotrettungskreuzer, einen kleinen Tierpark und einen recht großen Spielplatz – ein Fleck für große und kleine Kinder. Doch das war nichts für uns – wir wollten die Natur genießen und taten dies bei einem kleinen Klippenspaziergang so weit wie möglich. Unsere Blicke schweiften über kleine Klippen, ein vom Meer geformte Felsentor, eine ausgewaschene Insel bis zum nächsten Kap bei Sennen Cove. Das Losreißen von diesem grandiosen Punkt fiel schwer, doch der Bus wartete. Tapsy fuhr uns teilweise auf anderen Nebenstrecken zurück über verschiedene Dörfer, vorbei an uralten Kirchen und Friedhöfen zurück zur AIDAcara. Es war ein lohnender Ausflug, der uns das bekannt schöne Cornwall näher und zum Schwärmen brachte.
Am Schiff angekommen, stärkten wir uns kurz und zogen noch einmal los. Schließlich hatten wir noch Zeit. Pendennis Castle war nicht allzu weit und ohne Probleme zu finden. Die Straße dorthin ist leicht ansteigend und führt am Falmouth Hotel- keine schlechte Lage im großen Park und mit Blick auf das Meer - und von blühenden Pflanzen und Sträuchern umgebenen Häusern und Villen vorbei. Vereinzelt standen Palmen in den Gärten … kein Wunder bei dem gemäßigten Klima im Südwesten Englands …
Immer wieder konnten wir das Meer sehen bis wir zu einer zum Castle führenden Nebenstraße kamen. Also rechts rein, den Parkplatz passiert und über eine große Wiese Richtung Schloss geschlendert. Es wurde von Heinrich VIII – wieder als Teil seiner Küstenverteidigung – an der strategisch günstigen Flussmündung zum Schutz des Hafens von Falmouth erstellt. Wir besichtigten nicht das Castle, denn für die verbliebene Zeit war der Eintrittspreis zu hoch. Aber auch die Wanderung vorbei an den grünen Wällen war ein Erlebnis, zumal die bunten Tupfer unzähliger in Blüte stehender Wildblumen den Augen wohl taten. Und was sehr wichtig war: wir konnten uns nach dem Busausflug endlich ´mal wieder ein wenig mehr bewegen. Am Ende des Walls führte ein Weg zu einem Parkplatz, dessen Zufahrt wir folgten und wir überquerten dann die um das Pendennis Castle führende Straße. Von dort aus gingen wir zu dem kleinen, auf einer Landspitze stehenden Turm Blockhouse. Die Aussicht auf die Bucht und das gegenüberliegende Ufer war nicht schlecht …
Wir folgten einem schmalen Pfad Richtung Straße. Bevor wir auf sie stießen, gab es noch eindrucksvolle Blicke auf die Felsenküste und den Strand mit dahinter liegenden Hotels.
Leider fing es an, leicht zu regnen. Aus diesem Grunde besuchten wir nicht – wie geplant – den Castle Beach sondern gingen Richtung Stadt zurück. Und dort sahen wir sie von nahem – die bunten Häuser Falmouth`.Und den Shuttle Bus, der zwischen Stadt und Schiff pendelte.
Auch wenn der Oldtimer uns zum Mitfahren einlud – die wenigen hundert Meter bewältigten wir als Vorbereitung zur Fiesta Mexicana im Calypso oder zum Themenbuffet Afrika zu Fuß. Und kurze Zeit nach dem Entern der AIDAcara hatten wir die Qual der Wahl und wir entschieden uns, in beiden Restaurants Kostproben zu nehmen – es lohnte sich wie immer!
Das pünktliche Ablegen um 21.00 Uhr erlebten wir wie fast immer an Deck, denn wir mussten live erleben, wie uns die liebliche Küstenlandschaft Cornwalls verabschiedete. Die Sonne kam noch kurz durch – es war ein stimmungsvolles sail away, das nicht viele Mitpassagiere mitbekamen. Denn das Deck war nahezu leer – König Fußball regierte im Theater und in der Anytime Bar. Das Ergebnis stimmte – unsere Mannschaft schlug die der Niederlande mit 2 : 1. Und schon wieder bekam ich so gut wie nichts vom Spiel mit – mir war wichtiger zu beobachten, wie sich die AIDAcara zum Abschluss dieses wunderschönen Tages langsam von der Küste entfernte. Der Leuchtturm am Zone Point schickte uns als Aufforderung zur Wiederkehr (warum eigentlich nicht?!) Lichtstrahlen hinterher …
Nun war es nicht mehr weit bis Irland!