Schiffstaufe als Oper für die Massen
Von Christian Putsch
Hamburg - Die Manager von Aida Cruises hatten es nicht ganz leicht, den Lichtarchitekten Gert Hof für ihr Projekt zu gewinnen. "Schiffstaufen interessieren mich nicht besonders", war seine erste Reaktion im Februar, "da schlägt eine Prominente eine Flasche Champagner an die Wand und das war's." Der Mann hat die pompösen Lichtshows bei den Millenniumfeiern in Berlin, Athen, Peking und Budapest konzipiert, eine Schiffstaufe wirkt dagegen reichlich unspektakulär.
Schließlich ließ sich Hof doch noch überzeugen - wohl auch dank eines laut Aida Cruises "deutlich siebenstelligen Gesamtbudgets" für die Feier. Und so wird die Taufe des 252 Meter langen Kreuzfahrtschiffes "Aidadiva", dem ersten von insgesamt vier Clubschiffneubauten der Firma, am Abend des 20. April kommenden Jahres am Hamburger Hafen ein Massenspektakel. 260 Scheinwerfer an Land, zwei Schiffe mit Feuerwerkstechnik und vier Schiffe mit Lasertechnik sollen mindestens 500 000 Zuschauer anlocken. "Wir hoffen auf einen ähnlichen Andrang wie bei der Ankunft der ,Queen Mary 2'", sagte Aida-Cruises-Präsident Michael Thamm am Freitag bei der Vorstellung des Konzepts.
Während sich das 315 Millionen Euro teure Schiff vom Hamburg Cruise Terminal bis vor die Fischauktionshalle bewegen soll, zeigt Hof eine rund 45-minüte Oper in vier Akten (Ankunft, Taufe, Krönung, Abfahrt). Begleitet wird das Spektakel von einer eigens komponierten, monumental anmutenden Musik. So wird bei der Ankunft das Wasser über Leuchtfeuer im Hafen und an Fallschirmen hinabschwebendes Feuerwerk komplett Rot eingefärbt.
Nach der Schiffstaufe, bei der voraussichtlich ein Mädchen des SOS Kinderdorfs den Champagner gegen den Schiffsrumpf schlagen soll, werfen Scheinwerfer mit 70 Kilometer Reichweite Licht in den Himmel. Über dem Schiff wird eine gewaltige Sonne aufgehen - in den Worten des Künstlers, der sich von Opernsängerin Maria Callas inspirieren ließ, "Erotik mit Strom". Danach kommen unter anderem Kugelspiegel mit 26 Meter Durchmesser zum Einsatz. "Das Schiff sieht dann aus wie ein Diamant, ein Stück wie Weihnachten", sagte Hof, der für seine Show mindestens 1000 Mitarbeiter benötigt.
Zumindest in der Saison 2007 soll das 2500 Passagiere fassende Schiff seinen Heimathafen in der Hansestadt haben. Das erscheint logisch, entstehen die vier neuen Schiffe doch auch fast ausschließlich in Norddeutschland. Bis 2010 wird jedes Jahr eines in Papenburg gebaut, die Motoren stammen aus Kiel und Warnemünde, wo auch der Stahl produziert wird. Derzeit hängen nach Angaben von Aida Cruises 40 000 deutsche Arbeitsplätze an der Kreuzfahrtindustrie. Die Branche wachse jährlich um zehn Prozent.
Besonders für Hamburg erhöht sich die strategische Bedeutung der Branche. Nach 30 000 Kreuzfahrttouristen 2005 sollen es in diesem Jahr 80 000 sein. "Im Jahr 2007 kommen wir vermutlich auf 120 000 Kreuzfahrturlauber", sagte Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU). Er hat derzeit eine "schöne Sorge. Wir müssen einen dritten Liegeplatz für Kreuzfahrtschiffe finden."
erschienen am 14. Oktober 2006
Quelle: Hamburger Abendblatt (http://www.abendblatt.de)