Hallo @ all,
mit großem Interesse habe ich eure Beiträge verfolgt. Da ich selber länger auf der „anderen Seite“ gestanden habe, möchte ich auch gerne etwas dazu schreiben.
Das Leben und Arbeiten auf dem „Traumschiff“, den ganzen Tag Sonnenschein, gute Laune, schöne landschaftliche Aussichten, Party und nur nette Menschen...
Sicher ist das eine Einstellung und Denkweise, von der viele neue und unerfahrene Crewmitglieder ausgehen und auch versuchen diese dann an Bord auszuleben. Es dauert meist nicht lang, bis sie auf den Boden der Tatschen zurückgeholt werden. Manche begreifen dann, um was es geht und andere träumen weiter und werden es nie verstehen, dementsprechend verhalten sie sich dann leider auch.
Mit einer Bewerbung im Kreuzfahrtbereich, genauer dann auch noch im Gästeservice (egal ob Rezi, Restaurant oder Ausflüge) muss mir von Beginn an klar sein, dass mein Job dort kein Urlaub und kein Vergnügen ist und wird. Ganz im Gegenteil, es wird anstrengender und härter, denn die Erwartungshaltung meines „Kunden“ bzw „Gastes“ im Urlaub ist um ein vielfaches höher, als in einem Supermarkt an der Kasse. Also sollte ich mich auch im Vorfeld mal auf ganz schwer „verregnete“ Tage einrichten, andernfalls gehe ich einfach unter und werde den geforderten Umständen nicht gerecht werden können.
Klar ist meine Arbeitsumgebung schöner und angenehmer als in einem standart Großraumbüro in XYZ, jedoch hat man oftmals auch nicht die Chance diese schönen Gegebenheiten zu nutzen. Denn wie bereits angedeutet, ich sollte wissen, dass ich weniger Freiraum, Freizeit, Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre habe. Ich gehe also ein völlig anderes Leben auf engstem Raum ein.
Der Gast/Kunde ist der Mittelpunkt und somit zwangsweise auch König, denn ohne ihn, würde meine Arbeit dort nicht benötigt. Also zahlt der Gast folglich auch mein Gehalt. Dementsprechend habe ich mich auch zu verhalten, egal was passiert. Sicher gibt es Grenzen, jedoch muss man auch dabei schaffen ruhig, besonnen und freundlich zu bleiben.
Ich, in der Situation als Gast, habe für mich dadurch auch viel gelernt. Einerseits bin ich viel verständnisvoller geworden, andererseits bin ich auch ein Stück anspruchsvoller geworden...Mann hat mittlerweile ein anderes Verständnis entwickelt.
In jedem Job werden täglich mehrfach die gleichen Fragen gestellt und die selben Antworten gegeben, das ist nicht nur auf Schiffen der Fall. Statt mich darüber zu ärgern und lustig zu machen oder abgenervt zu antworten, sollte ich doch umso freundlicher reagieren und antworten. Denn ich weiß doch aufgrund meiner Erfahrung was den Gast interessiert oder beunruhigt. Ich kann, nein ich muss mich also darauf vorbereiten, weil ich ja weiß dass die Frage wieder kommen wird. Weiter darf ich niemanden spüren lassen, das es für mich Alltag ist, für den Gast ist es etwas außergewöhnliches und besonderes, er weiß nicht das ich schon 15 mal in diesem Hafen war und in 2 Wochen wieder dort bin, er erlebt es meist zum 1. Mal Ich denke ihr versteht wie ich das meine.
Entscheidend dabei ist natürlich die Verhaltensweise der Reederei, denn die sollte eigentlich am besten wissen, welche Vorraussetzungen mein Schiffspersonal erfüllen muss, um erfolgreich eine positive Gästezufriedenheit zu schaffen.
Personal ohne jegliche vorherige Erfahrung oder Jobeinsteiger einzusetzen dürfte in einer Meuterei enden oder in dem, was ihr vorher beschrieben habt. Das „Schiffsleben“ kann man an Bord lernen, jedoch seinen eigentlichen Job nicht, den sollte ich schon vorher beherrschen!
Schlussendlich denke ich, dass es scheinbar ein Nachwuchsproblem an erfahrenen Mitarbeitern gibt. Über die Gründe könnte man sicherlich noch stundenlang schreiben...
Danke für’s zuhören J
Eine lustige Gästefrage noch zum Schluss: „ Was machen Sie eigentlich normalerweise im richtigen Leben wenn Sie nicht an Bord sind?“ JJJ